Lainzer Tiergarten

Wien

Der Lainzer Tiergarten ist für sein imposantes „Schloss der Träume“ - die Hermesvilla bekannt, die 1886 für die österreichische Kaiserin „Sissi“ - Elisabeth Prinzessin von Bayern erbaut wurde.

Zum Lainzer Tiergarten gehört auch das Naturwaldreservat Johannser Kogel, der seiner natürlichen Entwicklung „überlassen“ wurde - also ohne Eingriff des Menschen.

Der Wert des Gebietes liegt in seiner hohen Artenvielfalt - der Fülle an gefährdeten Pflanzen- und Tierarten und dem hohen Anteil an stehendem sowie liegendem Totholz.

Lainzer Tor. Foto: Archiv Daphne

Lainzer Tiergarten

Der Lainzer Tiergarten, am westlichen Stadtrand von Wien gelegen, wurde weitgehend der Natur überlassen. Auf einer Fläche von 2 450 Hektar bietet er eine abwechslungsreiche Landschaft. Zusammen mit einer artenreichen Tier- und Pflanzenwelt ist er nicht nur eine naturwissenschaftliche Sehenswürdigkeit, sondern auch ein beliebtes Erholungs- und Ausflugsziel der österreichischen Hauptstadt.

Fließ- und Standgewässer

Mehrere Bäche fließen durch das Gebiet, und Besucher können sich an mehr als 10 gepflegten Brunnen oder Quellen erfrischen. In der Nähe des nördlichsten Eingangstors, dem Pulverstampftor, fließt das Rotwasser, einer der größten Bäche im Lainzer Tiergarten. Er mündet in den nahen Wienfluss. Außerdem gibt es hier auch zwei Teiche, den Grünauer Teich und den Hohenauer Teich. Zu den typischen Bewohnern, die vor allem in der Nähe der klaren Bäche und Brunnen leben, gehören Feuersalamander (Salamandra salamandra).

Die Hermesvilla, bekannt als das „Schloss der Träume“ der Kaiserin Sissi, ist heute Teil des Wien Museums. Foto: Archiv Daphne
Das im Mai und Juni blühende Breitblättrige Knabenkraut zeichnet sich durch typische, oberseitig gefleckte Blätter aus. Foto: Šefferová Stanová

Wälder

Der Lainzer Tiergarten ist Teil des Wienerwaldes, der sich unmittelbar vor den Toren Wiens erstreckt. Der größte Teil des Gebiets (80 Prozent) besteht aus Wald, wobei die häufigste Baumart die Rotbuche (Fagus sylvatica) ist. Von grundlegender Bedeutung für das Überleben vieler Waldorganismen sind absterbende und tote Bäume. Der schöne Alpenbock (Rosalia alpina) lebt auf abgestorbenen Buchen und kam in Wien in den letzten Jahren nur selten vor. Reste von Eichenbeständen mit 400 Jahre alten Eichen mit einem Stammumfang von mehr als vier Metern sind hier zu finden. Sie gehören zu den ältesten Bäumen - hier wachsen Roteichen (Quercus rubra), Wintereichen (Quercus petraea), Sommereichen (Quercus robur) und Zerreichen (Quercus cerris). Abgestorbene Eichen werden vom seltenen Eichenwidderbock (Plagionotus arcuatus) oder unserem größten Käfer, dem Hirschkäfer (Lucanus cervus), aufgesucht. In den Gehegen am Lainzer Tor leben Rot-, Dam-, Reh- und Muffelwild, auch Füchse haben hier ihr Zuhause. Man ist auch um die Rückzüchtung des 1627 ausgerotteten Auerochsen (auch Ur genannt) bemüht. Interessant sind das Schutzgebiet und die Waldränder auch wegen des in Wien einzigen Vorkommens der für ihren atypischen rosafarbenen, kugelförmigen Blütenstand bekannten Orchidee, der Roten Kugelorchis (Traunsteinera globosa).

Zur Geschichte

Die erste urkundliche Erwähnung des Gebiets stammt aus dem Jahr 1270, ab Mitte des 15. Jahrhunderts diente es als kaiserliches Jagdgebiet. Seine heutige Ausdehnung erreichte der Lainzer Tiergarten im 18. Jahrhundert während der Regierungszeit von Kaiser Franz Joseph I., einem der am längsten regierenden Monarchen der Geschichte. Noch heute können wir das beeindruckende „Schloss der Träume“, die Hermesvilla bewundern, die er für seine Frau, Kaiserin Sissi, errichten ließ. Die Villa und die umliegenden Gebäude und Stallungen wurden 1886 fertiggestellt. Hier können private Gemächer, repräsentative Räume mit Kunstwerken oder prächtige riesige Kronleuchter, verzierte Decken und Wandmalereien von Hans Makart, Gustav Klimt und Victor Tilgner besichtigt werden. Wissenswert ist, dass die Straße, die zur Villa führt, als einer der ersten in Wien elektrisch beleuchtet wurde, und die Villa war auch eines der ersten Gebäude in Wien, das einen Telefonanschluss hatte. Seit 1978 wird das Schloss für Ausstellungen genutzt und ist Teil des Wien Museums.

Schautafeln mit einer Karte des Geländes. Foto: Archiv Daphne

Naturschutz

Der Wienerwald wurde nicht immer geschützt. 1872 drohte einem Viertel der Waldfläche der Verkauf und die Ausholzug. Dank Josef Schöffel und der Unterstützung aktiver Journalisten konnte die Rodung verhindert werden. Seit 1941 ist der Lainzer Tiergarten ein Naturschutzgebiet, seit 2002 ist er Teil des Biosphärenparks Wienerwald und seit 2008 Teil der Natura 2000-Gebiete. Zum Naturschutzgebiet gehört auch das Naturwaldreservat Johannser Kogel. Er wurde 1972 auf einer Fläche von etwa 45 Hektar ausgewiesen und dient der Forschung und natürlichen Entwicklung, ohne Zugang für Besucher.

Auch der einzelgängerische Fuchs hat im Lainzer Tiergarten ein Zuhause gefunden. Foto: Archiv Daphne

Wiesen

Die Wiesen im Wienerwald sind durch Rodung und jahrhundertelange Bewirtschaftung durch den Menschen entstanden. Um zu verhindern, dass sie zuwachsen, müssen sie regelmäßig gemäht und beweidet werden. Heute wird der Wienerwald jedoch kaum noch beweidet, weshalb die Wiesen zu den am stärksten gefährdeten Lebensräumen zählen. Von den mehr als 80 streng geschützten wilden Orchideenarten, -unterarten und -sorten sind etwa 20 im Lainzer Tiergarten zu finden. Vereinzelt kommen das Kleine Knabenkraut (Orchis morio), das Breitblättrige Knabenkraut (Dactylorhiza majalis), das Fuchs' Knabenkraut (Dactylorhiza fuchsii) oder der Mücken-Händelwurz (Gymnadenia conopsea) vor. Sumpf-Stendelwurz (Epipactis palustris), das Fleischfarbene Knabenkraut (Dactylorhiza incarnata), das Helm-Knabenkraut (Orchis militaris) und die Frühlingsform des Brand-Knabenkrauts (Neotinea ustulata) wachsen auf Feuchtwiesen. Feuchtwiesen mit Quellfluren werden auch von einer unserer kleinsten Amphibien, dem Teichmolch (Triturus vulgaris), bevorzugt, der selten größer als 6 Zentimeter wird. Schmetterlinge sind ein wesentlicher Bestandteil der Wiesen. Von den 105 in Wien vorkommenden Tagfalterarten wurden 74 im Lainzer Tiergarten nachgewiesen - z.B. der Segelfalter (Iphiclides podalirius) oder der Admiral (Vanessa atalanta). Von den Nachtfaltern kommen der Russische Bär (Euplagia quadripunctaria) und das Taubenschwänzchen (Macroglossum stellatarum), dessen Erscheinungs- und Flugbild einem Kolibri ähnelt, häufig vor.

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